Der hebräische Text Genesis 3,20 ist so zu übersetzen:
„Der von der Erde (Adàm – Adam`äh >Ackerboden) nannte seine Frau Leben (Chaw`äh), denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen“.
Dass die Übersetzung von Chaw`äh mit „Leben“ richtig ist, wussten bereits die Autoren der Septuaginta (LXX), deshalb übersetzten sie mit ζωή (>Zoe> Leben). Die Vulgata übernahm das hebräische Wort und latinisierte es zu EVA.
Aus diesem Text zogen die Rabbinen den Schluss, dass die Ehe für alle Menschen verpflichtend sei und fügten Genesis 2,18 „ Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“ als weiteren Beweis dazu.
Im Hellenismus werden die biblischen Texte kulturell umgedeutet. Bei Philon von Alexandrien, einem der berühmten jüdischen Philosophen und Theologen in der Zeitenwende, finden wir ein deutliches Beispiel:
Adam = Vernunft.
Eva = Sinnlichkeit.
Die Schlange = Sexuelles Begehren (Lust).
Je mehr sich die junge Kirche von ihrer jüdischen Wurzel entfernte, umso mehr verinnerlichte sie die hellenistischen Deutungen. Nicht mehr das Zusammenleben von Mann und Frau ist der Wille des Schöpfers sondern das Single-Dasein. Die Caelibati (>lat. Caelebs = ehelos) werden zum Idealtyp des erlösten Menschen.
Adam und Eva im Paradies – gemalt von Lukas Cranach d. Älteren
Virgo inter vrgines
Tags: Ehe, Ejelosigkeit, Genesis, jüdische Wurzel, Mann und Frau, Schöpfung, Zölibat
Im Eichborn – Verlag ist das Buch „Israel ist an allem Schuld“ erschienen; es hat den Untertitel „Warum der Judenstaat so gehasst wird“. Die Autoren, die Fernsehredakteure Georg M. Hafner und Esther Schapira, haben mit großer Akribie Stimmungsbilder von jüdischen Menschen in Deutschland gesammelt. Es kann einem beim Lesen der Atem stocken. Dargestellt wird nicht nur die Bedrohung jüdischer Einrichtungen, deren Sicherheit im heutigen Deutschland ohne massiven Polizeieinsatz nicht gewährleistet werden kann, sondern auch die Erfahrung jüdischer Frauen und Männer, dass der Judenhass trotz neuer Synagogen, jüdischer Museen und so genannter „Stolpersteine“ ein hintergründiges deutsches Massenphänomen geblieben ist. Mit dem Titel des Buches wird die Maskierung des heutigen Antisemitismus als Hass auf den Staat Israel deutlich gemacht. Es ist geradezu atemberaubend zu lesen, wie der kleine Judenstaat von Linken, Redakteuren, Autoren und Publizisten ohne das geringste Verständnis für die Feindseligkeit seiner Umwelt als Hort bösartiger Machtpolitik dargestellt wird. Dass das Buch in der deutschen Öffentlichkeit verschwiegen wird, ist wie eine Bestätigung für die Richtigkeit seiner Analysen.
Tags: Antisemitismus, Hass auf Juden, Hauss auf das kleine Land Israel, Israel
Eine der „Urmütter“ der feministischen Theologie, Luise Schottroff, (†8.2.2015) hat in einem ihrer letzten Beiträge eine kurze Studie zum so genannten „Zungenreden“ (1 Kor.14 und Apg 2). geschrieben. Dieser Beitrag ist in der neuen Ausgabe von „Bibel und Kirche“ (Katholisches Bibelwerk 70/3) nachzulesen. In ihrer Sprachanalyse übersetzt Schottroff das „lallein heterais glossais“ (> in anderen Sprachen reden) als „reden in der Muttersprache“. In der multikulturellen Umwelt, so Schottroff, durften Gemeindemitglieder, die nach Jerusalem und Korinth zugereist sind, in ihrer Muttersprache reden und beten, ohne, dass sie deshalb diskriminiert wurden. Das war das Wunder von Pfingsten. Zur Hinführung auf diese Interpretation der biblischen Texte erklärt Schottroff ein Fresco aus dem dritten Jahrhundert (> Dura europos) zur Vision des Propheten Ezechiel (37. Kapitel), das über Google zu finden ist: In der linken Szene des Bildes wird der Prophet Ezechiel auf ein Feld mit zerschlagenen Menschen gestellt. In der nächsten Szene wird gezeigt, wie Gottes Wirken die zerstückelten Leiber wieder zusammensetzt, aber sie sind noch nicht lebendig. Nun kommt die Gotteskraft (hebr. Ruach, Geistkraft) aus den vier Himmelsrichtungen. „Sie ist in vier zarten Frauen mit Flügeln verkörpert. Sie tragen elegante durchsichtige Gewänder, hoch geschlitzt bis über das Knie. Die Inspiration durch Schmetterlinge ist erkennbar. Eine von den zarten Frauen sieht man die leblosen Körper berühren. Das neue Leben ist in dem nächsten Bildabschnitt in Gestalt einer Menschengruppe dargestellt. Sie verkörpert das Volk, das wieder lebendig geworden und von der Gewalt (> des Todes) befreit worden ist.
Biblischer Text, Bild aus der frühen Kirche und Erklärung durch Luise Schottroff geben uns ein ganz anderes Gottesbild, als wir es gewohnt sind. Wir werden erinnert, dass wir das Geheimnis „des Göttlichen“ nur in begrenzten Bildern aus unserer Erfahrungswelt darstellen und begreifen können. Für die Römische Männerkirche, wie ich etwas boshaft die Katholische Kirche gerne nenne, ist dieses Fresco eine Hilfe zur Gewissenserforschung.
Tags: Geistkraft, Gottesgeist, Gotteskraft
Ich möchte eine Hommage auf Erwin Utters ausgesprechen, der am 16. Juli 2015 im Alter von 82 Jahren „im Kreis seiner Lieben friedlich eingeschlafen“ ist. Erwin Utters war klein an Gestalt, aber er hatte ein weites Herz und einen großen Geist. Viele Jahre war er der katholischen Pfarrgemeinde St. Martin in Koblenz- Pfaffendorfer Höhe Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens und prägte ihre Spiritualität. Von nah und fern kamen Menschen, um mit ihm Gottesdienst zu feiern und seine Worte zu hören. An drei Szenen werde ich mich immer erinnern: Er stand nur am Altar, wenn er da in Funktion war; ansonsten saß er bescheiden mit den Ministrantinnen und Ministranten in der ersten Bank. Vor der Kommunion lud er alle ein, das Brot des Lebens zu empfangen; „es könne sich nur jeder selbst ausschließen“, fügte er immer hinzu. Und erst wenn die Gemeinde kommuniziert hatte, versammelte er die Gottesdiensthelfer um den Altar, um mit ihnen Brot und Wein zu teilen. Erwin Utters hatte das Charisma mit den biblischen und liturgischen Texten in Ehrfurcht und Freiheit um zu gehen. Er scheute nie, seine eigenen Zweifel und Fragen auszusprechen und hielt nie mit berechtigter Kritik auch am System Kirche zurück. Morgen findet in St. Martin das Traueramt um 11 Uhr statt und anschließend die Beerdigung. Aus dem Ganzen ist er gekommen und zum Ganzen kehrt er zurück. Wir aber halten einen frommen, bescheidenen, engagierten und weisen Priester in der Erinnerung.
Tags: Erwin Utters, Firmung Geist Leben, Katholische Kirche, Ökumene, Spiritualität, Theologie