Zehn Theologische Wegweisungen für die Römische Synode im Oktober 2015

Synode 10 676780351326446966051. Nicht den Splitter im Auge des anderen sondern den Balken im eigenen sollst du sehen, wird uns in einem Jesuswort gesagt. Der Prophet aus Nazareth wusste um das Geheimnis der Veränderung im individuellen und gesellschaftlichen Leben. Sie muss immer bei jedem einzelnen anfangen. Auch wenn ich mit Berechtigung den Zeigefinger auf den Gegenüber zeige, werden immer drei Finger auf mich selbst zurückweisen. Für die Synodalen in Rom heißt diese Mahnung, das eigene Leben zu sichten – individuell und gruppenbezogen. Also wie ist es mit dem Leben und Treiben der Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe, Prälaten und Monsignori – bis hin zu den Pastoren vor Ort? Wie ist es mit dieser Männerkaste in ihren wohl geschneiderten kostbaren Gewändern, geschmückt mit Ringen und edlen Kreuzen, viele schon jenseits des männlichen Klimakteriums? Ob sich diese Hirten und Oberhirten Gedanken machen über sich selbst, über die eigene Sexualität wie über ihre Sehnsüchte? Oder sind es nur die anderen, die im Blick sind? Denn auch hier gilt das Sana te ipsum, das Sich-selbst-Heilen.

2. Das spätantike Judentum kannte sowohl die Ehe zwischen Mann und Frau wie deren Scheidung; beides war rechtlich und durch die Tradition geregelt. Auch die Frau konnte eine Ehescheidung erreichen, aber in der Praxis war der Mann bevorteilt, denn die Frau war danach rechtlich nicht mehr abgesichert. Gegen diese Praxis wandte sich Jesus von Nazareth und stellt sich auf die Seite der Frauen; dabei beruft er sich auf die biblisch tradierte Schöpfungsordnung. Je mehr sich die christliche Kirche der gesellschaftlichen Umwelt anpasste, umso mehr entfernte sie sich von der Forderung Jesu. Die Frau wurde zum Objekt ihres Ehemannes. Hier kann die Synode heute ansetzen und sich für den jeweils Schwächeren in der Beziehung von zwei Menschen einsetzen. Denn christliches Denken verlangt den Schutz des bzw. der Schwächeren, gerade auch dann, wenn eine Beziehung zerbricht.

3. Nach dem biblischen Menschenbild soll der Mensch nicht allein sein; deshalb sucht der Mann eine Frau und die Frau lebt mit einem Mann. Sie tragen für einander Verantwortung, werden durch die sexuelle Vereinigung wie zu einem Fleisch und geben an ihre Kinder ihr Leben weiter. Die jüdischen Theologen interpretierten die alten Texte sogar als Weg zum Menschsein, der für jeden gilt und dies ohne Ausnahme. Die christliche Kirche hat diesen Weg verlassen. Am Anfang war es die erwartete Erneuerung der Schöpfung, die diesen Weg gewissermaßen außer Kraft setzte; wie vor einem nahenden Krieg gab es Wichtigeres zu tun, um sich zu retten. Doch als die Sonne weiterhin ihre Bahn zog, wurde der Ausnahmezustand zur Normalität. Nun war der Idealtyp des Menschen der Single und dies zum Wohlgefallen Gottes. Hier kann die Synode eine Korrektur setzen, gewissermaßen den ursprünglichen Weg des Menschseins wieder in Kraft setzen. Gott will nicht, dass du allein lebst. Du sollst Dir eine Partnerin oder einen Partner suchen, um die Liebe zu leben. Und wenn dir das nicht gelingt, dann suche dir andere Menschen. Was aber zählt, ist nur die Liebe. Deshalb will Gott nicht, dass du allein lebst.

4. Du sollst Gott lieben und die Menschen um dich auch, das ist die Grundbotschaft der jüdischen Tradition, der sich die christliche Kirche gleichermaßen verpflichtet weiß. Das heißt nicht, dass es auf viele andere Dinge nicht ankommt, sehr wohl aber ist eine abgestufte Wertigkeit gemeint. Der reuige Beter am Kircheneingang und der barmherzige Samariter sind die biblischen Vorbilder. Auch muss wieder verstanden werden, dass von den kirchlichen Vorschriften, Geboten und Lehren zunächst und überhaupt nicht die Rede ist. Die Synodalen sind aufgerufen, die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen, wenn sie über Sexualität und Partnerschaft nachdenken. Am Wichtigsten ist bei allem die Liebe, dass sie nicht verloren geht oder aber zu neuem Leben erweckt wird. Die Synodalen sollen Herolde sein für die Verbindung von Sexualität und personaler Würde. Für das Wie der sexuellen Beziehung ist seine Bindung an personale Begegnung zu hinterfragen. Das bloße Wie des sexuellen Vollzugs geht die Kirchenvorsteher nichts an.

5. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben, ist die Grundweisung der Thora. Die Rabbinen wussten, dass damit nicht mehr wie früher nur Marduch und Adonis gemeint waren. Das Goldene Kalb in der Nachwüstenzeit ist die Gier nach Macht, Besitz und Sex, wurden sie nicht müde zu verkünden. Die Synodalen sind in der großen Gefahr, in die sündige Blindheit ihrer Vorgänger im Bischofsamt zu fallen. Es ist nicht ihre Aufgabe, den Zugang zur Kommunionbank zu regeln, das ist allein Sache der Betroffenen und ihrer Gemeinden. Aber sehr wohl sollen die Synodalen aufrufen zu Barmherzigkeit und Großherzigkeit und daran erinnern, dass keiner sich auf Jesus von Nazareth berufen kann, wenn er den Müden und Beladenen schwere Lasten auflädt.

6. Die Patriarchen der biblischen Urgeschichte waren Urzeugen des Glaubens und lebten doch mit mehreren Frauen zusammen. Die romantische Ehe von einem Mann und einer Frau, die sich lieben und zwar ausschließlich, kannten sie noch nicht. Der Apostel Petrus war verheiratet, nicht aber der hl. Paulus. Dessen Schüler Timotheus wollte nur verheirateten Männern, die sich in Ehe und Erziehung bewährt hatten, ins Vorsteheramt seiner Gemeinden berufen. Weil der Mailänder Bischof Ambrosius in seinen Predigten den jungen Frauen abriet zu heiraten, sperrten die Mütter lieber ihre Töchter während dessen Gottesdienste ein. In der Feudalordnung des christlichen Mittelalters wurde dem Gutsherren das Recht des ersten Geschlechtsverkehrs mit den leibeigenen Mägden zugestanden, bevor er diese mit einem Knecht verheiratete. Bis heute ist in adligen Kreisen nicht selten die Ehe ein Zweckbündnis zur Vermehrung von Besitz und Einfluss und im gegenwärtigen Deutschland werden mehr als 50% der Ehen wieder geschieden. Die Synodalen sollten sich vor einer Phantomdiskussion hüten, als ob sie Patentrezepte für menschliche Beziehungen wüssten. Was von ihnen erwartet wird, sind Verständnis, Realitätssinn und Sensibilität für das oft so komplexe Leben.

7. Unter euch soll es nicht so sein, heißt es in einem Jesuswort; gemeint sind Gewalt; Unterdrückung, Unterwerfung; modern gesagt: Dialogische Strukturen und Kommunikation sollen in christlichen Gruppen das Miteinander bestimmen. Die Geschichte der Christenheit zeigt leider ein anderes Bild. Nicht immer, aber meistens. Auch der hintergründige Machtanspruch gehört dazu, das Urteilen, Anweisen und Verurteilen im Namen Gottes, der geistliche Machtanspruch, die Berufung auf eine fiktive Vollmacht. Darüber sollten die Synodalen nachdenken und diskutieren, ob und wie eine Wende möglich ist, wie es der freundliche Papst wohl will. Auch die Wiedergutmachung gehört dazu, Den Verängstigten, Verjagten und Geschändeten ins Gesicht schauen, an den Gräbern der Toten trauern, zumindest den guten Willen zeigen. Falls das reicht. Denn auch wenn uns verziehen wird, bleiben die Folgen oft an unseren Fußsohlen kleben.

8. Nicht den Splitter im Auge des anderen sondern den Balken im eigenen sollst du sehen, wird uns in einem Jesuswort gesagt. Der Prophet aus Nazareth wusste um das Geheimnis der Veränderung im individuellen und gesellschaftlichen Leben. Sie muss immer bei jedem einzelnen anfangen. Auch wenn ich den Zeigefinger mit Berechtigung auf den Gegenüber zeige, werden immer drei Finger auf mich selbst zurückweisen. Für die Synodalen in Rom heißt diese Mahnung, das eigene Leben zu sichten – individuell und gruppenbezogen. Also wie ist es mit dem Leben und Treiben der Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe, Prälaten und Monsignori – bis hin zu den Pastoren vor Ort? Wie ist es mit dieser Männerkaste in ihren wohl geschneiderten kostbaren Gewändern, geschmückt mit Ringen und edlen Kreuzen, viele schon jenseits des männlichen Klimakteriums? Ob sich diese Hirten und Oberhirten Gedanken machen über sich selbst, über die eigene Sexualität wie über ihre Sehnsüchte? Oder sind es nur die anderen, die im Blick sind? Denn auch hier gilt das Sana te ipsum, das Sich-selbst-Heilen.

9. Über zweihundert Jahre lang ließen sich die Geistlichen Kurfürsten von Trier nicht weihen, um dem Zölibat zu entgehen, und der letzte, Wenceslaus von Sachsen, ließ sich weihen, weil er in der Kaiserlichen Armee keine Karriere machen konnte. Er war ein frommer Mann, aber hatte keinerlei Skrupel, sich mehrere Bischofsämter zu erkaufen, obwohl bereits Papst Gregor VII. den Ämterkauf verboten hatte und das Konzil von Trient dieses Verbot erneut eingeschärft hatte. Dreihundert Jahre zuvor jagte die Kirchenversammlung von Konstanz unter dem Schutz des Deutschen Königs drei Päpste davon. Hundert Jahre später starb Papst Julius II., der drei Töchter zeugte und als Gründer des Kirchenstaates in die Geschichte einging; noch mehr aber wurde er unsterblich, weil Michelangelo den Kopf dieses Papstes, den das Volk den Schrecklichen nannte, als Vorbild für den Kopf seines Moses nahm. Noch schlimmer, dass im vorigen Jahrhundert Hunderttausende von jungen Priestern zum Teufel gejagt wurden, weil sie nicht als Single leben wollten. Ist es nicht mehr als angebracht, die Synodalen zur ernsthaften Überlegung zu ermahnen, welchen Weg sie der Römischen Kirche weisen wollen? Alles und wirklich alles, ist auch in der christlichen Kirche geschichtlich geworden. Vielleicht sollten sich die Synodalen nach biblischer Sitte ein Band um die Stirn binden, auf dem das Pauluszitat geschrieben steht: Das Gute behaltet, das Schlechte aber werft weg.

10. Singt dem Herrn ein neues Lied, singen die jungen Leute in Taizé. Es ist das uralte Lied des Neuen Weges, der Neuen Schöpfung und des Neuen Sauerteigs. In all diesen Bildern klingt das Ja zu Vertrauen und Liebe. Es ist das Lied der Freiheit und der Aufruf zum Nicht-Stehen-Bleiben. Ob die Synodalen in dieses Lied mit einstimmen oder wieder die alte Leier lauthals singen? Die alte Leier von Kondomen und Verboten, von der selbst nicht bewältigten Sexualität? Die alte Melodie vom Neid auf Glück und nie gelebte Jugend? Dann wäre es besser, diese alten Männer würden ihr Haupt verhüllen und vor sich hin das Kyrie Eleison murmeln. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht wird es dieser Römischen Kirche doch noch einmal geschenkt, dass die Fenster geöffnet werden, damit die Strahlen der Sonne Staub und Moder vertreiben.

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Kittlauss Okt 1st 2015 02:17 pm Aktuell,Katholische Kirche kontrovers,Theologie Keine Kommentare bisher Facebook Kommentare

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