Es muss 1967 gewesen sein, als mir Bilder von Katharina Volbers gezeigt wurden. Die leuchtenden Farben und die Pinselführung erinnerten an die großen Maler des Expressionismus. Deshalb wollte ich Künstlerin kennenlernen. Hans Donat, Mitarbeiter in der Arbeitsstelle für pastorale Hilfsmittel (damals im wesentlichen Tonbänder, die man ausleihen konnte) vermittelte den Kontakt. Ich fuhr nach Eisenach, wo Katharina Volbers in einer kleinen Wohnung lebte. Sie saß auf dem schmalen Balkon und lud mich zu einem Tee ein. Sie erzählte mir von ihrem Leben, dass sie eigentlich Sängerin werden wollte und mehr zufällig bei Karl Schmitt-Rottluff in Berlin auch Unterricht in Malerei und Formgebung studierte; wie sie ihren Mann kennenlernte und zugunsten dessen Karriere als Opernsänger Hausfrau wurde, so Karl-Marx-Stadt und Eisenach Stationen ihres Lebens wurden. Nun nach dem Tod ihres Mannes lebte die 42 Jährige allein. Sie war eine tief spirituelle Frau und malte deshalb meistens christliche Themen. Ich erinnere mich vor allem an ihre starken Hände. Dann zeigte sie mir ein Bild zur Emmausgeschichte. Ich war tief beeindruckt und kaufte es. So begann meine Beziehung zu Katarina Volbers. Fünf weitere Bilder habe ich in den nächsten Jahren erworben. Durch die Belastungen meiner Berufsneufindung aufgrund meiner Heirat und die Übersiedlung nach dem Westen 1975 habe ich wie zu vielen anderen Menschen auch den Kontakt zu Katharina Volbers verloren, aber ihre Bilder begleiteten mich. Wie ich erfuhr, ist Katharina Volbers nach langer Krankheit am 19. November 1995, dem Fest der hl. Elisabeth, gestorben. Die Kreuzwege in der Heilig-Kreuz-Kirche in Frankfurt/Oder und in der Elisabeth-Kirche Eisenach erinnern an sie. Um auch an ihre gemalten Werke zu erinnern, stelle ich fünf Bilder, die in meinem Besitz sind, in meine Webseite.
Katharina Volbers malt ein Stilleben mit gelben Blumen.
Katharina Volbersmalt ein Stilleben mit Fisch
Die Geschichte von den Emmausjüngern
Der Evangelist Lukas erzählt in seinem Evangelium die Geschichte von zwei Jüngern Jesu, die nach dessen Hinrichtung ohne Hoffnung sind und innerlich zerbrochen in ihr Heimatdorf Emmaus zurückgehen (LK 24, 13 ff). Sie sind einfache Tagelöhner und haben sich der Bewegung um den Wanderprediger Jeus angeschlossen, weil sie in ihm einen Hoffnungsträger für das Volk Israel sahen. Nun nach der Kreuzigung ist alles aus und vorbei! Doch da sind sie wie bei der Wallfahrt nach Compostella aufeinmal zu dritt. Ein Wanderer hat sie eingeholt. Sie kommen ins Gespräch. Alles dreht sich um die Erreignisse der letzten Tage in Jerusalem. Der unbekannte Wanderer scheint ein Schriftgelehrter zu sein, denn er deutet den beiden Männern das Geschehen um Jesus als Erfüllung alter Prophezeiungen. Die beiden Männer sind fasziniert und da es schnell dunkel wird, als sie Emmaus ereichen, laden sie den Wanderer ein, bei Ihnen über Nacht zu bleiben. Nun erzählt Lukas eine Bekehrungsgeschichte.
Katharina Volbers hält den Moment fest, wo der Unbekannte das Brot bricht und sich für die beiden Emmausjünger das Leben radikal ändert.
Ein Jahr später fragte ich die Künstlerin, ob sie die Emmausgeschichte so malen könnte, als ob diese in unserer Zeit geschehen sei, Denn dies ist ja der Sinn all der alten Geschichten, uns in unserer Seele anzusprechen. Hier ist das neue Bild.
Katharina Volbers malte die Emmausgeschichte ein zweites Mal
Zwei jüngere Menschen unserer Zeit. Lebensfroh, skeptisch, in Bewegung. Man könnte dieses Bild mit den Worten aus Goethes Faust überschreiben: „Die Botschaft hör`ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“. Doch wir dürfen uns nicht täuschen. Auch die jungen Menschen unserer Zeit haben in ihrem Herzen die Sehnsucht nach einem gelingenden Leben. Die Medienwelt bietet viele Lehrer. Es ist erstaunlich: Die Worte des Wanderprediger Jesus aus Nazaret sind auch in dem gewaltigen Konzert der vielen oft sehr widersprüchlichen Stimmen zu hören.
Bei einem späteren Besuch bat ich Katharina Volbers um ein Bild, das mich in meinem Leben als Erinnerung an meinen Umgang mit den vielen jungen Menschen begleiten könne. Es entstand das Bild einer Party auf dem Dachboden. Das sind sie, die Passagiere der kommenden Zeit, so ganz anders als wir Altgewordenen, und uns doch wieder so ähnlich in ihrer Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und Lebenssinn.
Katharina Volbers Party auf dem Dachboden
Ich fand neulich ein Gedicht des römischen Kaiserphilosophen Marc Aurel (121-180), das mich sehr ansprach
Die Jugend kennzeichnet nicht einen Lebensabschnitt,
sondern eine Geisteshaltung;
sie ist Ausdruck des Willens,
der Vorstellungskraft und der Gefühlsintensität.
Sie bedeutet Sieg des Mutes über die Mutlosigkeit,
Sieg der Abenteuerlust über den Hang zur Bequemlichkeit.
Alt sein bedeutet nicht, viele Jahre gelebt zu haben.
Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt.
Die Jahre zeichnen zwar die Haut
– Ideale aufgeben aber zeichnet die Seele.
Vorurteile, Zweifel, Befürchtungen
und Hoffnungslosigkeit sind Feinde,
die uns nach und nach zur Erde niederdrücken
und uns vor dem Tod zu Staub werden lassen.
Jung ist, wer noch staunen und sich begeistern kann.
Wer noch wie ein unersättliches Kind fragt: Und dann?
Wer die Ereignisse herausfordert
und sich freut am Spiel des Lebens.
Ihr seid so jung wie euer Glaube.
So alt wie eure Zweifel.
So jung wie euer Selbstvertrauen.
So jung wie eure Hoffnung.
So alt wie eure Niedergeschlagenheit.
Ihr werdet jung bleiben, solange ihr aufnahmebereit bleibt:
Empfänglich fürs Schöne, Gute und Große,
empfänglich für die Botschaften der Natur,
der Mitmenschen, des Unfasslichen.
Sollte eines Tages euer Herz
geätzt werden von Pessimismus,
zernagt von Zynismus,
dann möge Gott Erbarmen haben
mit eurer Seele – der Seele eines Greises.
Das verbindet die Alten und die Jungen, die Menschen von gestern, heute und morgen, die Jüngerinnen und Jünger Jesu, die frommen Musliminnen und Muslime und die buddhistischen Mönche gleicherweis. Alle sind wir auf dem Weg nach Emmaus.
Dieter Kittlauß
19.08.2014
Tags: Katharina Volbers