Weihnachten im Sommer. Das Weihnachtsfest im Wechsel der Zeiten.

Am Weihnachtsabend. Carl Larsson 1904 Wikipedia

Am Weihnachtsabend. Carl Larsson 1904 Wikipedia

Mit acht Jahren habe ich Weihnachten noch in Breslau erlebt. Damals gab es schon seit Allerheiligen die großen Schneehaufen am Straßenrand und mit meinem Bruder fuhr ich Schlitten an der Oder. Heute haben wir uns daran gewöhnt, dass die Klimaerwärmung bei uns den Winter verschoben, wenn nicht sogar aufgehoben hat. Es ist nicht selten, dass die Gänseblümchen blühen, wenn wir das wunderbare Lied „Leise rieselt der Schnee“ singen. Doch „Weihnachten im Sommer“ hat eine lange Geschichte. Lukas erzählt in seiner Kindheitsgeschichte Jesu, wie die Hirten bei ihren Schafen auf dem Felde sind. Nein, sie schlafen nicht bei ihrer Herde, sie sind wach, denn es ist Zeit der Lämmergeburten und das heißt, es ist Sommer. Für den Kirchenvater Clemens von Alexandrien (ca. 150 – 214) lag der Geburtstag Jesu zwischen Ostern und Pfingsten. Dahinter standen die jüdische Überzeugung, dass bei wichtigen Menschen Geburt und Tod zeitlich nahe beieinander liegen, wenn nicht sogar übereinstimmen. So dachte man auch in der Überlieferung, die Jesus als Nachfolger des Urvaters Isaak deuteten. Danach waren Jesus und Isaak am 14. Nisan geboren, nach dem jüdischen Mondkalender im Frühjahr Mitte März. Auch in der weströmischen Kirche dachte man lange Zeit so, wie wir es von Hippolyt von Rom (ca. 170-235) wissen. Nach einer anderen Überlieferung war die Einführung des Sonnenjahres im Römischen Reich maßgeblich für die Verlegung des Geburtsfestes Jesu auf den 25. Dezember. Dahinter stand auch die Überzeugung, dass sich die kosmische Ordnung in der Heilsgeschichte wiederspiegle. So ergab sich für das Frühjahrsäquinoctium (Frühsjahrstagundnachtgleiche) am 25. März die Verkündigung Jesu durch den Engel (Mariae Verkündigung) und damit für die Zeugung Jesu durch den Geist Gottes. Da das Winteräquinoctium (Wintertagundnachtgleiche) auf den 25. Dezember fiel, also nach neun Monaten, konnte hier die Geburt Jesu angesetzt werden. Parallel dazu lagen die Daten für den Vorläufer Jesu, den Täufer Johannes, der in den frühen Kirchen eine große Bedeutung hatte. So wurde die Geburt des Täufers auf die Sommersonnenwende gelegt, also auf den 25. September, und seine Geburt neun Monate später auf die Herbstsonnenwende, also auf den 25. September. Damit waren die vier wichtigsten Zäsuren des Jahres heilsgeschichtlich belegt. Wie tief sich diese Deutungen in das kollektive Bewusstsein der christlichen Welten eingegraben haben, kann man daran erkennen, wie bedeutsam auch heute noch das Johannesfest und Weihnachten sind. Die Johannisfeuer in den Bergen sind Ausdruck der Freude, dass das halbe Jahr gut überstanden wurde. Die Lichter von Weihnachten künden, dass von nun an die Tage länger werden.
In der weströmischen Kirche setzte sich im vierten Jahrhundert der 25. Dezember als Termin für das Weihnachtsfest durch. Hier spielte wohl auch eine Rolle, dass die Römer nach alter Tradition an der Wintersonnenwende die Geburt des Sonnengottes Mithras feierten , der nach dem Mythos „aus einem Felsen geboren und von Hirten beschenkt wurde.“
Während sich über die Römische Kirche der Weihnachtstermin an der Wintersonnenwende in der ganzen Welt verbreitete, blieb im Bereich der östlichen (orthodoxen) Kirchen der ursprüngliche Termin vom 6. Januar als Fest der Taufe Jesu und Erscheinung des Herrn erhalten. Um im Festkalender nicht an Bedeutung zu verlieren, feiert die Römische Kirche auf diesen Termin das Fest der hl. Drei Könige.

Kittlauss Dez 20th 2015 01:38 pm Aktuell,Christologie Keine Kommentare bisher Facebook Kommentare

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